Erstmals seit dem Brünn-GP 2004 und dem Sachsenring 2003 erschien der dreifache Formel-1-Weltmeister Niki Lauda (66) gestern als Gast von Ex-Motocross-Weltmeister Heinz Kinigadner bei einem Motorrad-GP. Er liess sich von «Kini» und KTM-Renningenieur Mike Leitner (er kommt aus Bad Ischl) durch die Boxengasse führen und wunderte sich über den Ansturm von 138.000 Zuschauern am Renntag,
Lauda frühstückte zuerst in der Red Bull-Hospitality und schaute sich dann in der Box des Moto3-Red-Bull-KTM-Werksteams von Aki Ajo das erste Rennen an. Da erlebte er gleich den Abbruch in der ersten Runde mit – aber auch den dritten Platz des KTM-Werkspiloten Brad Binder.
Natürlich erinnerten sich die findigen Journalisten sofort an die strategische Kooperation zwischen AMG Mercedes und der ruhmreichen Motorradmarke MV Agusta, an der sich Mercedes im Oktober 2014 zu 25 Prozent beteiligt hat und die in den letzten Jahren in der Superbike- und Supersport-WM kein sonderlich ruhmreiches Dasein fristete.
Seit Oktober 2014 befinden sich die zwei Motorsport-Legenden AMG Mercedes und MV Agusta unter einem Dach.
Da sich Ferdinand Piech und die Audi Group 2012 die noble Zweiradmarke Ducati gekauft haben (zu 100 Prozent), konnte Mercedes nicht lange ohne Motorradfabrikat im Portfolio dastehen.
MV Agusta gewann in den 1960er und 1970er Jahren mit Giacomo Agostini in den Klassen 350 ccm und 500 ccm einen WM-Titel nach dem andern. Auch die gleichnamige Helikopterfirma hat sich weltweit einen Namen gemacht.
In den letzten 30 Jahren erlebte das Motorradwerk MV Agusta im norditalienischen Gallarate eine wechselhafte Geschichte mit vielen neuen Besitzern. Immer wieder wandelte die glorreiche Marke am Rande der Zahlungsunfähigkeit, MV kam aus den roten Zahlen nie heraus.
Der klingende Name MV Agusta ist eng mit dem Rennsport verbunden. Den letzten GP-Sieg feierte MV Agusta 1976 in der Klasse bis 500 ccm auf dem Nürburgring – mit Agostini. Es war die Blütezeit von Niki Lauda in der Formel 1: Er gewann die WM 1975 und 1977 mit Ferrari und 1984 mit McLaren.
Flugunternehmer Niki Lauda (lauda air, später Fly Niki) eilt momentan als Vorstandsvorsitzender des Mercedes Formel-1-Rennstalls dank Lewis Hamilton und Nico Rosberg von Sieg zu Sieg.
Deutet also Laudas Besuch in Brünn auf eine MotoGP-Rückkehr von MV Agusta hin? Wird der Österreicher jetzt auch noch Feldherr in der MotoGP-Klasse? Legt er den Grundstein für eine Zukunft von MV Agusta in der Köningsklasse?
Lauda dementierte glaubhaft jeden Zusammenhang seiner Anwesenheit mit etwaigen MotoGP-Absichten von MV Agusta.
«Die Motorrad-GP bieten die unglaublichsten Rennen, die es momentan im Motorsport zu sehen gibt», erklärte Lauda, der als Promi natürlich von vielen Journalisten gejagt wurde und seine Begeisterung für die MotoGP-Klasse auch beim TV-Interview mit Ex-Superbike-Weltmeister Neil Hodgson beim britischen Sender BT-Sport kundtat.
Eines ist klar: MV Agusta ist momentan vom Umsatz und den Stückzhalen her noch zu klein für MotoGP; zuerst muss die Produktpalette erweitert und das Händlernetz weltweit ausgebaut werden.
Und: WM-Promoter Dorna Sports hat soeben neue Fünf-Jahres-Verträge mit sechs Herstellern für die MotoGP-WM 2017 bis 2021 abgeschlossen. Es handelt sich um Honda, Yamaha, Suzuki, Ducati, Aprilia und KTM.
MV Agusta hat bisher kein Interesse gezeigt.
Und: Selbst der für seine Schlitzohrigkeit bekannte Niki Lauda würde sich gewiss nicht von KTM-Berater Heinz Kinigadner und Mike Leitner in die MotoGP-WM einführen lassen, wenn er den Boden für ein MotoGP-Comeback des KTM-Konkurrenten MV Agusta aufbereiten möchte.
Übrigens: KTM hat vor zwei Jahren die Offroad-Marke Husqvarna geschluckt, die einmal zu MV Agusta gehörte und dann von BMW gekauft wurde.
AMG Mercedes und MV Agusta: Kooperation«Durch die strategische Kooperation mit MV Agusta sprechen wir zukünftig High-Performance-Enthusiasten bei Fahrzeugen und Motorrädern an. Im Rahmen der Zusammenarbeit im Bereich Marketing und Vertrieb können neue Zielgruppen für beide Häuser weltweit erschlossen werden», heisst es bei AMG Mercedes.
Zwischen der Sportwagen- und Performance-Marke Mercedes-AMG der Daimler AG und dem Motorrad-Hersteller MV Agusta wurde ein Kooperationsvertrag über eine langfristige Partnerschaft unterzeichnet. Die Kooperation der beiden Premium-Marken mit langer Tradition umfasst die Zusammenarbeit bei Marketing und Vertrieb. Die Mercedes-AMG GmbH übernimmt zugleich 25 Prozent der Unternehmensanteile an der MV Agusta Motor S.p.A. Über den Kaufpreis für den Anteil an MV Agusta wurde Stillschweigen vereinbart. Im Vorstand von MV Agusta steht Mercedes-AMG jetzt ein Sitz zu.
Tobias Moers, Vorsitzender der Geschäftsführung der Mercedes-AMG GmbH: «In MV Agusta haben wir den perfekten Zweirad-Partner für Mercedes-AMG gefunden. Diesen traditionsreichen Hersteller und uns verbinden nicht nur die lange und erfolgreiche Rennhistorie, sondern auch dieselben Werte und Ziele für die Zukunft – höchste Perfektion, optimale Performance und Motorsport-Technologie für die Straße erlebbar zu machen. Die Kooperation mit MV Agusta unterstreicht auch die Bedeutung von AMG als Sportwagen- und Performance-Marke von Mercedes-Benz Cars. Uns bietet die Partnerschaft den Einstieg in die Welt von weiteren High-Performance-Enthusiasten.»
Giovanni Castiglioni, dessen Vater und Onkel einst Cagiva gründeten und später MV Agusta kauften, agiert jetzt als Präsident und CEO von MV Agusta Motor S.p.A. «MV Agusta und Mercedes-AMG passen als Marken perfekt zueinander;», betont Castiglioni. «Sie stehen jeweils für Design, Performance und Exklusivität. Mercedes-AMG wird zur weltweiten Expansion und zum beschleunigten Wachstum von MV Agusta beitragen. Die Einzigartigkeit von MV Agusta wird Mercedes-AMG einen zusätzlichen Schub verleihen, die Führung im High-Performance-Segment weiter auszubauen.»